Diese Grundsätze sind die gemeinsame Vertrauensbasis auf der wir einen anderen (emanzipatorischen und selbstreflexiven) Umgang miteinander aufbauen möchten, also unser selbstbestimmter Experimentierrahmen.
Wir haben Grundsätze die transparent sind damit sich Leute was vorstellen und darauf auch verlassen können. Unausgesprochen würden sie sich sowieso einspielen und wären viel schwieriger zu reflektieren und hinterfragen. Uns ist bewusst, dass dies damit kein vollkommen offenes Projekt ist. Dies ist allerdings auch nicht unser Anspruch. Wir sind kein karitatives Projekt das Lösungen für alle Menschen anbieten will, sondern ein freier Zusammenschluss von Menschen mit ähnlichen Vorstellungen und Utopien und hoffen, dass noch viel mehr emanzipatorische, selbstorganisierte Projekte geschaffen werden. do it yourself!
Da diese Grundsätze die gemeinsame Basis bilden, werden sie im Konsens aller Beteiligten beschlossen, und sind durch einen Konsens aller auch wieder veränderbar. Siehe: Entscheidungsfindung. Sie sollten immer wieder aber nicht direkt anlassbezogen diskutiert werden. Alles immer wieder von Null auf diskutieren zu müssen ist mühsam und frustrierend, wir wollen eine Vertrauensbasis auf der wir aufbauen können, ohne dabei in permanente Dogmen zu verfallen.
Die Grundsätze gelten nicht erst wenn konkreter Raum für das Projekt geschaffen ist, sondern auch bereits auf dem Weg dorthin.
Emanzipatorisch nach Innen und Aussen
Uns geht es darum, bewusste Selbstbestimmung über das eigene und gemeinsame Leben zu erlangen. Dafür ist es notwendig Fremdbestimmung zu erkennen und dagegen vorzugehen. Darunter fallen direkte Herrschaft (z.B.: Staats- oder männliche Gewalt), gesellschaftlich gemachte Sachzwänge, (z.B. Abhängigkeit von Geld, Arbeiten gehen zu müssen), und verinnerlichte Denk- und Handlungsmuster samt Gefühlen (z.B.: Geschlechterrollen, Vereinzelung). Das kann nur gelingen, wenn wir versuchen diesen Anspruch sowohl in unserem Umgang miteinander als auch gesamtgesellschaftlich umzusetzen.
Selbstreflexiv & -kritisch / anti-hierarchisch, anti-rassistisch, anti-sexistisch, anti-antisemitisch, anti-faschistisch, anti-heteronormativ
Die größte Leidenschaft der Linken ist die permanente und umfassende Negation der Unerträglichkeit. 🙂
Dies bedeutet nicht, das wir uns als die „Guten“ verstehen, die frei von diesen Problemen sind und das „Böse“ da draußen bekämpfen. Die Diskriminierungen, Herrschafts- und Gewaltverhältnisse finden sich auch in unseren Denkmustern und sie sind strukturell in der Gesellschaft verankert von der wir notwendiger Weise ein Teil sind. Was wir mit der Aufzählung der „Antis“ daher meinen ist, dass wir von uns und anderen einfordern unsere eigene Verstrickung in gesellschaftliche HERRschafts- und Gewaltverhältnisse zu erkennen und dass wir versuchen dem entgegen zu wirken. Wichtig ist die Anerkennung, dass unterschiedliche Unterdrückungsformen verschiedene Ursachen haben, sowie verschiedene Herangehensweisen und Aktionen im Umgang damit und dagegen notwendig sind.
Autonom
bedeutet für uns, unabhängig und selbstverwaltet zu leben und uns nicht durch Subventionen von Staat oder Stadt in eine Abhängigkeit verleiten zu lassen. Auch den Klotz parteipolitische Einflußnahme wollen wir von uns fernhalten. Häufig führte die zu intensive Zusammenarbeit mit RepräsentantInnen des Staates zur Kommerzialisierung oder Vereinnahmung ehemals emanzipativer Projekte.
Umsonstökonomischer Ansatz
Leider verlieren sich immer wieder Gruppen, die mit hohen Ansprüchen an sich selbst und die Veränderung der Gesellschaft begonnen haben, in der langsamen Kommerzialisierung und Ökonomisierung ihrer Projekte. Der Wunsch, endlich für den ganzen Aufwand auch Geld zu bekommen, oder die Verlockung durch ein viel Geld einspielendes Projekt, mit dem sich andere Möglichkeiten auftun, zerstört längerfristig die Möglichkeit aus dem Projekt heraus radikale Veränderung entstehen zu lassen. Wir sind uns bewusst, dass Umsonstökonomie als globaler Ansatz nicht hier und heute umgesetzt werden kann, da wir nicht einfach aufhören können Kapitalismus zu machen. Bei aller Beschränktheit, die die Anwendung umsonstökonomischer Ansätze aufweist (woher mit der Knete?), stellt die Ablehnung von Verwertungslogiken innerhalb eines Projektes einen wichtigen Schutz dar, um die Richtung der Veränderung nicht aus dem Auge zu verlieren. Im Spannungsverhältnis aufgezwungener kapitalistischer Reproduktion und gleichzeitiger größtmöglicher Ablehnung von Tausch- und Vermarktungslogiken innerhalb des Projektes, erhoffen wir uns einen Anreiz für den weiteren Abbau von kapitalistischen Logiken im Zwischenmenschlichen, im Projekt sowie darüber hinaus. Konkret heißt diese Erkenntnis, dass es in und um das HAUS und die beteiligten Projekte keine kommerzielle Verwertung und keine Lohnarbeit in irgendeiner Form geben kann.
Das heißt:
- Der Verzicht auf jede Form von Lohnarbeit innerhalb des Hauses.
- Freie Preispolitik, dh es wird nie Eintritt verlangt und Getränke, Essen und Infrastruktur sind immer nach eigenem Ermessen zu bezahlen.
- Es gibt kein Copyright auf hier produzierte Dinge. Alles darf beliebig weiterverwendet, aber nicht verkommerzialisiert werden.
- Frei produzierte Dinge dürfen nicht verkommerzialisiert und nur gegen freie Preise weitergegeben werden.
- Fixkosten werden solidarisch und kollektiv aufgebracht, keine festgelegten Beiträge.
Mit diesem Ansatz ist es möglich umsonstökonomische Ideen und Praktiken auch nach Aussen zu tragen, statt sich über kommerzielle Projekte (selbstverwaltete Betriebe) die Verwertungslogik schrittweise ins Projekt zu holen. Dies bedeutet, dass viele Menschen im Projekt weiterhin von externer Lohnarbeit abhängig sein werden, aber gleichzeitig bietet dies auch den Anreiz immer mehr Bedürfnisse umsonstökonomisch abzudecken und somit die Zeit die für externe Lohnarbeit aufgewendet werden muss zu verkürzen. Es ist die Aufgabe der verschiedenen Kollektive und Wohngruppen sich einen eigenen solidarischen Umgang für die aufzubringende Kohle zu überlegen. Nicht alle werden am Arbeitsmarkt für die gleiche investierte Zeit gleich bezahlt. Es ist wichtig soziale Herkunft (Klasse, Bildungsstand, Gender, …) mitzudenken und einen Ausgleich zu schaffen. Deshalb setzen wir keinen fixen Kostenanteil pro Person fest. Das Gesamtprojekt bzw. die einzelnen kollektive/Wohngruppen sind gemeinsam dafür verantwortlich diese zu decken. Ein anderer Aspekt ist, dass über die externe Lohnarbeit eine Verbindung zu den gesellschaftlichen Zwängen, und dem Alltagsleben der meisten Menschen bestehen bleibt, und die Gefahr einer abgekapselten Wohlfühlblase ohne Realitätsbezug nicht so leicht gegeben ist.
Zugang zu Wissen und Ressourcen
Bei der Umsetzung eines Projektes entstehen Strukturen und Wissen, die für das Funktionieren und den Fortbestand essentiell sind. Aus verschiedenen Gründen (z.B. Zeitmangel, unklare Kommunikationsstrukturen, mangelnde Reflexion…) entstehen oftmals interne und teils verdeckte, auf Informationsvorsprung basierende Hierarchien. Unser Anspruch ist es, allen Beteiligten und Interessent_innen Wissen, Ressourcen und Freiräume zugänglich zu machen. Wir wollen einen freien Austausch und Weitergabe von Wissen und lernbaren Fähigkeiten in jeglicher Form. Das heißt das jede_r Lehrende und Lernende sein soll, sodass jede_r von jeder_m das Lernen kann was diese Person meint zu brauchen, um so auch Schrittweise eine Form von einem freien alternativen Bildungsraum zu werden!
Kinderfreundlich
Kinderfreundlich heißt, dass sich Kinder und Menschen mit Kindern in diesem Projekt wohlfühlen können. Dies bedeutet dass alle Rücksicht auf die Bedürfnise von Kindern nehmen, da diese einen gleichwertigen Anspruch auf das Projekt haben. Kinderfreundlichkeit beinhaltet den Versuch, weg zu kommen von der klassischen Kleinfamilienstruktur. Die Verantwortung für die Betreuung der Kinder soll kollektiv von am Projekt beteiligten Menschen getragen werden.
queerfeministisch
Queer-feministisch bedeutet für uns, die Norm der Heterosexualität und das System der Zweigeschlechtlichkeit zu hinterfragen. Gleichzeitig wollen wir vermeiden, dass real existierende Unterdrückung (als Frauen, Homosexuelle, Bisexuelle, Transsexuelle, u.v.a. …) aus dem Blickfeld geraten. Für die Vielfalt menschlicher Beziehungen und Sexualitäten sind uns Schubladen wie Frau/Mann, hetero/homo und andere einfach zu eng; Sorry, wir können nicht anders. Wir wollen einen Ort, wo wir an den Formen unseres Beisammenseins und dem Aufbrechen fremdbestimmter Strukturen arbeiten können – einen Ort, wo das, wofür wir kämpfen, erlebbar gemacht werden kann.
Wir alle sind zutiefst von Hierarchien geprägt und nur weil wir dies erkennen, heißt das noch lange nicht, dass wir von ihnen frei sind. Unsere Sexismen und Homophobie sind ein Teil von uns, wir können sie nicht einfach an der Türe ablegen. Eine sich als emanzipatorisch verstehende Praxis muss darum vor allem in Auseinandersetzung mit uns selbst ansetzen. Erst wenn wir uns dieser Strukturen bewusst sind, können wir versuchen daran zu arbeiten und uns gemeinsam davon zu befreien.
Ein wichtiger Bestandteil ist die praktische und theoretische Auseinandersetzung über Normierung von Raum, und die damit verbundenen, allzu oft männlichen und heteronormativen Verhaltenweisen. Im Sinne queerfeministischer Intervention und anti-heteronormativer Aktion wollen wir uns Raum jenseits von Sexismus und Mackertum aneignen und etablieren.
Basisdemokratisch, anti-repräsentativ, Konsens
Wir wollen explizit über Hierarchien reflektiert werden und es soll möglich sein sie offen anzusprechen. Alle beteiligten Menschen sind aufgefordert über ihr eigenes Verhalten, sowie das Verhalten anderer nachzudenken und sowohl Kritik zu üben, als auch Kritik an sich selbst zulassen zu können.
Wir verwenden mehrere Konzepte um aktiv gegen die Herausbildung von Hierarchien zu arbeiten:
- Basisdemokratisch: Entscheidungen sollen von denjenigen Menschen getroffen werden die sie betreffen, es müssen nicht immer alle mitreden und mitbestimmen. In diesem Sinne fungiert ein Plenum, vor allem, als ein Ort des Austausches, der Vernetzung und Kommunikation. Projektgruppen sind in ihren Entscheidungen autonom.
- Anti-Repräsentativ: Wir wollen keine “Image” Gruppe sein, sondern Inhalte und Aktionen in den Vordergrund rücken. Weder müssen alle Aktionen und Ideen einem konsistenten repräsentativen Bild entsprechen, das es nach Aussen hin zu wahren gilt, noch von allen abgesegnet werden. Kreativität, Spontanität und “do it yourself”.
- Konsens: Gewisse Grundsätze sind dennoch notwendig. Die gibt es sowieso, es geht darum sie transparent zu machen, sie zu explizieren/implizieren, um kontinunierliche Arbeit und anderen Menschen einen Einstieg in das Projekt zu ermöglichen. Über Grundsätze muss konsensual entschieden werden, d.h. es wird so lange diskutiert, bis alle mit dem Ergebnis zufrieden sind und es mittragen können. Eine Abstimmung mit Mehrheitsentscheid hingegen würgt jede ernsthafte inhaltliche Auseinandersetung im vorhinein ab.
solidarisch und anderer Umgang miteinander
Unser Anspruch ist es in unserem Zusammenleben der in den gegebenen Verhältnissen vorHERRschenden vereinzelung und dem Konkurrenzdenken einen solidarischen Umgang miteinander entgegenzusetzen. Wir wollen aufeinander Rücksicht nehmen und auf die Bedürfnisse aller Beteiligten achten. In unseren Räumlichkeiten wollen wir offene, partizipative Kommunikationsmöglichkeiten schaffen. Es soll auch gemeinsame Ressourcenpoole geben: Die Möglichkeit Gebrauchsgegenstände kollektiv zu nutzen, Wissen zu teilen und damit Hierarchien zu überwinden, ist ein Anspruch dem wir uns stellen wollen. Dieser Anspruch gilt nicht nur innerhalb des Projekts, sondern wir möchten uns bemühen diesen Umgang auch auf unser Umfeld auszudehnen.
Perspektive der Systemüberwindung
Wir möchten nicht nur unsere eigenen Leben selbst bestimmen, sondern behalten auch die Umstände im Blick, die dies erschweren und verhindern. Es reicht nicht, nur die eigene kleine Version eines anderen Miteinanders (Wohlfühlnische) zu schaffen, sondern unser Ziel ist es, die Gesamtheit der Lebensumstände, die uns umgeben, zu ändern.
Ökologische Aspekte
Ressourcenschonende und alternative Energie- und Nahrungsmittelquellen sollen genützt und mitbedacht werden, ohne jedoch in einen starren Dogmatismen zu fallen und Verhältnismäßigkeiten ausser Acht zu lassen.